Aloha!
Heute wird es nostalgisch, back to the roots und ein bisschen creepy! Vor kurzem bin ich mit Freund in quasi das hinterste Kaff in Oberschlesien gefahren, in dem seine Familie noch ein zerfallendes Bauernhaus stehen hat, das aber wohl demnächst verkauft werden soll. Letzte Gelegenheit also, um es zu sehen, Fotos zu machen und ein bisschen zu plündern...
Auf dem Hof lebten zuletzt Freunds Großeltern, Tante, Eltern und irgendwann auch noch er und sein Bruder zusammen, bis seine Eltern sich zur Flucht nach Deutschland entschieden, als er etwa 2 war. Da das Haus bis 2007 noch von der Oma & der sie pflegenden Tante bewohnt wurde, gab es dank der typisch polnischen Renovierungswut irgendwann auch Strom, Wasser, Heizung und Telefon. Inzwischen sind Wasser, Heizung und Telefon abgestellt und die Öfen kann man nicht mehr verwenden, weil die Ofenrohre bei der Modernisierung entfernt wurden. Aber wir hatten Strom! Aus der Plumpa (Pumpe) vor dem Haus war leider auch kein Wasser mehr gewinnbar... |
Ein Problem des Hauses ist die Kszypopa (sprich: Kschipoppa), ein kleiner Dreckbach direkt dahinter. Man hat das Haus damals mit Absicht direkt dran gebaut, damit man jeglichen Siff quasi direkt aus dem Küchenfenster in die Kszypopa kippen kann - und dabei eben nicht beachtet, dass sie das Erdreich durchfeuchtet, so dass das Haus zum einen absackt und Risse kriegt und zum anderen einfach jede Wand nass wird und anfängt zu schimmeln... Wegen dem Schimmel in den Schlafräumen, wegen den uralten Strohmatratzen und weil wir nicht unbedingt in einem Strohbett schlafen wollten wo Freunds Oma starb oder er gezeugt wurde entschlossen wir uns, unser Basislager in der Izba, also in der Stube aufzuschlagen, und rollten unsere Schlafsäcke auf dem ausklappbaren Sofa aus. |
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Weil Freund mir zumindest das Haupthaus gleich zeigen wollte, ging es noch nachts auf den Dachboden - auf dem wir das Licht nicht anmachen konnten, da sonst sofort die Sicherung rausfliegt. Die folgenden Fotos hab ich am nächsten Tag mit Licht gemacht, aber man kann sich vielleicht vorstellen, wie das gewirkt hat, wenn man da im Dunkeln mit Handytaschenlampe unterwegs ist und sich nicht auskennt. Besonders creepy fand ich die beiden nachträglich reingebauten Räume - das eine war ein Schlafzimmer, in dem anderen fanden wir eine Sammlung von Kruzifixen und Fleischwölfen...
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Da Sitz & Holzboden vom Plumpsklo außerhalb des Hauses keinen wirklich vertrauenserweckenden Eindruck mehr machten und wir außerdem keine Lust hatten, nachts durch zig kalte Räume nach draußen zu schlurfen, zweckentfremdeten wir einen alten emaillierten Eimer und stellten ihn in der an unser Basislager angrenzenden alten Küche auf. Nachttöpfe gab es nicht - Freund meinte, seit Generationen würde dafür schon einfach ein Eimer benutzt. Na dann. Solche alten Eimer werden übrigens auf Berliner Trödelmärkten zu völlig überzogenen Preisen angeboten.
Am nächsten Tag und bei Licht haben wir zunächst den Eimerinhalt hinters nächste Gebüsch geschüttet, uns im Hof gegenseitig im Kanister mitgebrachtes kaltes Wasser über den Kopf gekippt und dann den Rest des Bauernhofs erkundet. Nachfolgend ein paar Bilder... |
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In Freunds Familie war ja nach Ankündigung unserer geplanten Reise erstmal helle Aufregung, das könne man mir doch nicht zumuten mit dem Plumpsklo usw. usf. (über die gruseligen Kruzifixe hat sich natürlich niemand Gedanken gemacht...). Dass ich gerne campe und wir früher im Garten auch ein Plumpsklo hatten, hat nicht viel beruhigt. Dass wir trotzdem gefahren sind und ich aus dem Hof nicht rückwärts wieder raus bin, hat mir einige Pluspunkte bei Freunds Eltern eingebracht. Es war wirklich lustig - vor allem die Aktion, als vom Nachbarn ein Huhn über die Mauer gehüpft kam und wir versuchten, es mit Schreien, Klatschen und Knüppelschwingen wieder zurück zu scheuchen...
![]() Abgesehen vom Hof haben wir uns noch Krakau und Breslau angesehen. Krakau gilt zwar als die schönste Stadt Polens, mir war da zu viel Trärä um die Altstadt, das wirkte ein bissel verkrampft. Ich mochte Breslau (polnisch übrigens Wrocław, ausgesprochen wie "Wrotzwaff") irgendwie lieber. Aber vielleicht hab ich auch nur Vorurteile, weil meine Uroma ja aus Breslau kam. Sie hat die Stadt vor knapp 100 Jahren verlassen, und der nächste Mensch aus unserer Familie, der danach wieder in diese Stadt kam, war ich am letzten Freitag. Schon ein komisches Gefühl - zudem ich einige alte Personen gesehen habe, die meiner Uroma sehr ähnlich sahen. Da scheint sich doch ein gewisser Menschenschlag erhalten zu haben. Meine Mama hat mir noch einen unglaublich hilfreichen Tipp mitgegeben: Uroma wohnte nahe einer Kirche. Na, das schränkt ja den Suchradius immens ein in Polen... |
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