Thingvellir als Versammlungs- und Gerichtsstätte
Von ca. 930, also mit der ersten Besiedlung Islands, bis um 1798 fand in Thingvellir das isländische Thing statt. Die Ebenen und Schluchten
boten genügend Platz, Schutz und Gras für alle Anreisenden und deren Vieh. Gleichzeitig ermöglichte die Felswand im Hintergrund eine gute
Akustik, um von einem kleinen Hügel, dem Lögberg (Gesetzesfelsen) aus neu beschlossene Gesetze und andere wichtige Infos auf die Menschenmenge hinunterbrüllen zu können.
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Der Lögberg (heute steht darauf ein Holzpodest mit Flagge) und dahinter die Felswand. |
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Historische Wegmarkierung - bitte nix drauflegen!
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Die gemeine historische isländische Person, die sich zum Thing aufmachte, fand ihren Weg vermutlich durch Markierungen in Form von Steintürmchen, die in regelmäßigen Abständen entlang von Reiserouten gesetzt wurden und teilweise sogar bis heute erhalten sind. Es ist übrigens streng verboten, sie irgendwie zu verändern! Ein möglicher Weg ins Tal führt zunächst eine schmale Schlucht hinunter, an deren Ende auch der Fluss Öxará als Öxaráfoss ("Foss" = Wasserfall) über die Felswand fällt. Das Wasser ist extrem klar, da durch Vulkangestein gefiltert. |
Laut der
Sturlunga-Saga wurde die Öxará sogar umgeleitet, um in Thingvellir
für die Versorgung der Angereisten genutzt werden zu können - archäologische und geologische
Untersuchungen bestätigen, dass sie urpsprüngich einen
anderen Verlauf hatte!
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Öxaráfoss - nur der erste von vielen Fossen, die wir gesehen haben. Im Flussbett liegt schwarzes Vulkangestein. |
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Äxte und Tümpel
In einem Reiseführer habe ich gelesen, dass die Öxará ihren Namen (Axtbach) daher hat, dass man zu Beginn des Things traditionell den Thingfrieden ausrief, indem eine Axt in diesen Bach gelegt wurde.
Andere Quellen hingegen leiten den Namen von der etwas weniger friedlichen Praxis ab, dass Verbrecher mit der Axt geköpft und dann in den Fluss geworfen wurden. Frauen hingegen hat man in einem kleinen Kolk der Öxará, etwa 500 m nach dem Öxaráfoss, in der Nähe des Lögbergs ertränkt. Der Kolk trägt den passenden Namen Drekkingarhylur (Ertränkungsbecken), kurz dahinter stürzt die Öxará in einem kleineren Foss auf die Ebene. Irgendwo gibt oder gab es auch noch nach Galgen, Scheiterhaufen und einem Auspeitschpfahl benannte Orte, die allerdings nicht ausgeschildert waren... |
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Wenigstens stirbt man in schöner Landschaft!
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Thingvellir heute
1798 wurde das Althing durch Dänemark verboten, unter dessen Herrschaft Island zu dieser Zeit schon seit einigen Jahrhunderten stand. 1944 wurde dann in Thingvellir die Republik Island ausgerufen. Auch die 50-Jahr-Feier fand hier statt, und die isländische Ásatrúarfélagið (Ásatrú-Vereinigung) hält etwas abseits der Hauptattraktionen des Thingvellir im Juni ihr Thingblót - dieses Jahr lustigerweise genau an dem Tag, an dem wir auch da waren. Leider haben wir das zu spät mitbeommen und konnten nicht lang genug bleiben, aber wir haben sie dann noch aus der Ferne gesehen, wie sie mit ihrer Fahne und ein paar gigantischen Barbequegrills anrückten und offenbar Pavillons aufbauen wollten.
...so, soweit zu meinem ersten Reisebericht. Es tut mir leid, dass hier so lange nix los war, aber wir waren in den letzten drei Monaten voll eingeplant - Island, unser Feld (das übrigens reichlich wuchert!), dann waren wir nochmal auf der Loreley, für mich kamen diverse Dienstreisen dazu... Aber immerhin hab ich jetzt einen ganzen Haufen Zeug, über das ich die nächsten Wochen bloggen kann...
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