Donnerstag, 1. April 2021

Hawai'i: Maui angelt Inseln + der versunkene Kontinent Lemurien

Aloha,

heute gibt es erstmal eine letzte Geschichte von Maui: wie die hawaiianischen Inseln dank ihm entstanden! Ergänzend dazu eine alternative Geschichte, die aber eher ins Reich der Phantasie gehört.

~ Ein Angelausflug mit Maui ~

Für wahnsinnig viele Inseln Polynesiens gibt es Mythen, wie Maui sie aus dem Ozean emporangelt oder versucht, Gruppen von Inseln zu einem großen Stück Land zusammenzuziehen. Ich versuche hier mal, die verbreitetsten Varianten für Hawai'i zusammenzufassen.

Schauen wir uns aber zunächst die historische hawaiianische Angelausrüstung etwas genauer an: Der Haken war meist geschnitzt aus Knochen, einer stabilen Muschel, Schildkrötenpanzer oder einfach Holz. Daran wurden auch Kunstköder aus z.B. Muscheln oder Pflanzen befestigt. Mauis Haken war natürlich magisch und hieß Manai-a-ka-lani ("aus dem Himmel gekommen"). Er ist aus dem Kieferknochen einer seiner Ahninnen geschnitzt, die ihm den Knochen nach einigen Versionen der Geschichte bereits als Waffe für seinen Kampf mit der Sonne gab. In Neuseeland wird sie als in der Unterwelt wohnend beschrieben, mit einer lebendigen und einer toten Körperhälfte (Jynkx als Fan der neogermanischen Göttin Hel wird hier ganz hibbelig!). In einer wesentlich gemeineren Variante stammt der Kieferknochen von Mauis Großvater, dessen Essen Maui versteckt, bis der arme Greis verhungert, um ihm dann den Kieferknochen zu stehlen.
Die Schnur an dem Haken wurde meist aus den Fasern des Busches Olonā gefertigt. Sie gehören zu den stärksten Pflanzenfasern der Erde, weshalb man damit auf Hawai'i beispielsweise auch Fischernetze und Körbe flocht oder Haifischzähne an Keulen befestigte. Beschwert wurde der Haken mit einem Gewicht aus Stein. Je nach Größe des Hakens kann man mit dieser Ausrüstung mittelgroße Fische bis hin zu Haien (oder wie Maui eben Inseln) angeln. Allerdings muss die Schnur beim Einholen stetig und fest angezogen werden, weil der Haken sich bei zu heftigem Gezappel leicht löst.
Ein nach historischem Vorbild gebautes hawaiianisches Kanu zum Fischen.
Maui war regelmäßig mit seinen Brüdern im Kanu zum Angeln unterwegs, auch wenn diese ihn irgendwann immer seltener mitnahmen, da er ihre gefangenen Fische öfters als die seinen ausgab, selbst aber auf dem Kanu nur in der Sonne chillte. An diesem einen speziellen Tag durfte Maui jedenfalls mit und nutzte als Köder je nach Version der Geschichte:
  • einen ganz normalen Köder (Fisch, Shrimp, Tintenfischtinte oder ähnliches...)
  • ein Huhn seiner Mutter
  • Blut aus seiner Nase, gegen die er kurzerhand boxt, weil seine Brüder ihm keine Köder abgeben wollen
Schließlich beißt irgendetwas sehr schweres und sehr großes an. Maui ruft seinen Brüdern zu, nicht zurück zu schauen und so schnell zu paddeln wie möglich, um den riesigen Fisch einzuholen (Wir erinnern uns: immer gut ziehen! Asatru unter uns könnten sich spontan auch an Thors Angelausflug erinnert fühlen, bei dem er die Midgardschlange am Haken hatte). Je nach Version dauert dieses Gepaddel dann einige Tage, bis wahlweise folgendes geschieht:
  • Am Haken hängt Pimoe, der Gott der Fische, der im Prinzip einem großen Stück Land entspricht. Unerwartet schwimmt eine Kürbisflasche am Kanu vorbei. Als Maui sie vor sich ins Kanu legt, verwandelt sie sich plötzich in eine schöne Frau. Mauis Brüder sind abgelenkt, schauen sich um - und die Leine reißt. Pimoe ist nicht vollständig aus dem Wasser gehoben, sondern eben nur die größten Erhebungen, die jetzt Inseln darstellen.
  • Pimoe hängt am Haken. Als nach einigen Inseln Kauai, die nördlichste der großen Inseln, aus dem Meer aufsteigt, halten die Brüder sie für ein Seeungeheuer und ergreifen die Flucht, womit die Landhebung endet.
  • Zwischenzeitlich bemerkte Mauis Mutter Hina das Fehlen ihres Lieblingshuhns und dass es zappelnd an Mauis Haken hing. Sie eilte ihm zur Hilfe, konnte es aber nicht vom Haken lösen, sondern riss dem gebeutelten Huhn einen Flügel ab, kurz bevor Pimoe es verschluckte. Dadurch dass der Köder zerbrach, wird von Mauis Brüdern kein vollständiges Stück Land aus dem Wasser gezogen, sondern ein in mehrere Inseln zerbrochenes.
  • Meine Lieblingsvariante: niemand ist abgelenkt, die Leine hält, kein Huhn wird verletzt! Aber: Es hat überhaupt nichts angebissen, sondern der Haken hängt schon die ganze Zeit im Boden des Ozeans fest. Mauis Brüder heben in ihrer Anstrengung den Ozeanboden an und erschaffen damit eine Insel - und sind dann noch dusselig genug, bei jeder weiteren der insgesamt acht großen und drölfzig kleinen Inseln Hawai'is nochmal auf das gleiche Spiel reinzufallen.
Die Insel Mokoli'i (Eidechse) vor O'ahu - schlechtes Beispiel an dieser Stelle, denn diese Insel entstand
nachträglich aus dem Schwanz einer riesigen Eidechse, die von der Göttin Hiʻiaka getötet wurde.
In anderen Varianten bestehen die Inseln schon, und Maui möchte sie nur zusammenziehen, was aber - dank der zurückschauenden Brüder - misslingt. In einer Variante davon hilft sogar die Kürbisflaschenfrau dabei, die mit dem Haken ins Meer springt und den Fisch bittet, den Mund zu öffnen, weil sie mit Maui über die Anzahl seiner Zähne gestritten habe. Als er dies tut, hakt sie ihn schnell an den Haken. Viele Zähne hatte er wohl nicht, denn der Fisch heißt in dieser Variante Uniho-kahi ("Einzahn").


Nun haben wir also eigentlich ausreichend Information darüber, wie die Inselkette Hawai'i aus dem Ozean nach oben kam. Wer dazu noch "Alternative Fakten" will, möge die Theorie heranziehen, dass im Pazifik einst ein Kontinent namens Lemuria bestand, voll von friedlichen, hellsichtigen, Dinkel und Knoblauch essenden Menschen, die in engem Kontakt mit Zwergen, Feen und Außerirdischen lebten und erst mit 21 Jahren Sex hatten. Irgendwann fingen sie angeblich an zu expandieren, wodurch auch Atlantis entstand, das bekanntlich moralisch verkam. Ein Kristall auf Atlantis sendete dann eine Frequenz aus, die die Schwingung Lemurias zerstörte und Lemuria untergehen ließ, wobei die Berge aber noch aus dem Wasser gucken und heute Hawai'i darstellen.
Das ganze wäre eine nette Geschichte, wenn sie nicht leider auf einem Missverständnis beruhen würde: Lemuria lag laut seinem Erfinder, dem Zoologen Philip Sclater, nämlich nicht im Pazifik, sondern im indischen Ozean, und stellte die Landbrücke dar, über die die Lemuren (also diese kleinen Äffchen, nicht irgendwelche Lemuiraner*innen!) nach Madagaskar kamen - weil es auf dem afrikanischen Festland nämlich keine gab. Geologische Erkenntnisse widerlegten diese Spekulation einer Landmasse zwischen Indien und Afrika allerdings ein paar Dekaden später, gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Woher die Lemuren nun kamen, weiß man aber immer noch nicht so richtig.

Für die Maui-Varianten hingegen gibt stichhaltige Beweise. Je nach Region wurden bei seinem Angelausflug nämlich durch das Werfen des Hakens bzw. durch ruppiges Ziehen an der Leine gewisse Teile der Landschaft demoliert. Beispielsweise wurde ein Stück vom Kraterrand des Kaula sowie Coconut Island von der Hauptinsel Hawai'i abgebrochen, wie man noch heute klar sehen kann. Auch Mauis Angelhaken Manai-a-ka-lani ist auf der Südhalbkugel der Erde noch als Sternbild zu erkennen (wird nur in unseren Breiten fälschlich als Skorpion bezeichnet).


...nächstes mal kommen wir zu einer anderen Gottheit, die ich sehr gern mag: Pele, die Vulkangöttin, die - ähnlich Hel - zugleich zerstört und Leben schafft. Auch sie hat ihren Teil zur Entstehung Hawai'is beigetragen und prägt Leben und Landschaft dort noch immer stark.

Freitag, 19. März 2021

Hawai'i: Maui verprügelt die Sonne + Einblicke in den nächtlichen Dschungel

Aloha

und willkommen zurück. Heute gibt es eine weitere Legende zum Halbgott Maui, und ich versuche mich kurz zu fassen, denn auch nach dieser Geschichte befinden wir uns chronologisch gesehen noch weit vor der Entstehung von Hawai'i... Deshalb gibt es zur Aufockerung danach noch ein paar Einblicke in den Dschungel!

Wir erinnern uns zurück: Maui hatte den Himmel angehoben, so dass die Menschen nun aufrecht gehen und Bäume höcher wachsen konnten. Über den hohen Himmel schritt nun auch die Sonne (Lā). Allerdings war sie dabei ziemlich zügig unterwegs. Die Tage waren viel zu kurz und die darauf folgenden Nächte lang, nass, kalt und dunkel. Das bereitete den Menschen einiges Ungemach: Früchte hatten nicht genug Zeit zu reifen, gewaschene Kleidung trocknete kaum, das Essen konnte nicht innerhalb eines Tages gekocht werden, die Menschen hatten zu wenig Zeit zum Fischen, Gesänge für die Gottheiten konnten nicht zuende gesungen werden usw...

Was denn, der Tag ist schon wieder rum??

Mauis Mutter Hina beschwerte sich lautstark, und schließlich ärgerte sich auch Maui über die Rücksichtslosigkeit der Sonne, die die Bedürfnisse der Menschen nicht beachtete. Er beschloss, ihr etwas Rücksicht einzuprügeln. So kam es zu einer weiteren beliebten Geschichte um Maui:

~ Wie Maui die Sonne einfängt (und verprügelt) ~

Hina riet Maui, zu seiner Großmutter zu gehen und ihre Bananen zu stehlen, damit sie auf ihn aufmerksam wird und hilft. Ein etwas merkwürdiger Tipp, aber die fast blinde alte Dame, die besagte Bananen eigentlich auch noch für die rücksichtslose Sonne kochte, half ihm nach diesem Mundraub tatsächlich. Sie verriet, von wo aus die Sonne jeden Morgen Bein für Bein über den Kraterrand des Haleakalā steigt, woraufhin er dort die insgesamt 16 Beine nacheinander an einen Wiliwili-Baum binden soll. Glücklicherweise redete sie Hitzkopf Maui noch aus, die Sonne wahlweise permanent an den Baum zu fesseln oder ihr alle Beine abzuhacken, um einen dauerhaften Tag zu erschaffen. Damit könnten sich weder Menschen und Tiere noch die Sonne erholen, und sicherlich würde die Sonne dann bald vor Erschöpfung sterben, womit auch niemandem gedient wäre. Die Bananen-Oma riet ihm schließlich, die Sonne einfach so lange mit seiner magischen Axt zu verprügeln, bis sie einem vernünftigen Kompromiss zustimmt.

Gesagt, getan. Maui versteckte sich in einer Mulde beim Wiliwili-Baum, und schon bald kam das erste Bein der Sonne über den Kraterrand. Die Sonne war offenbar nicht die hellste (*hust*), denn sie bemerkte erst nach Fesselung des letzten Beins, was vor sich ging. Maui begann, mit der Axt auf die arme Sonne einzuschlagen und vergaß im Eifer des Gefechts wieder, dass er sie eigentlich nicht töten sollte. Ihr Geschrei und panische Versuche zu verhandeln brachten ihn aber glücklicherweise wieder zur Besinnung. Nach einigem Verhandeln, seitens Maui verbunden mit gelegentlicher Argumentbekräftigung per Axthieb, einigten sie sich auf einen Kompromiss*. In einer Jahreshälfte muss die Sonne langsamer über den Himmel ziehen, damit alle anderen ihre Erledigungen fertig bekommen, bevor es dunkel wird. In der zweiten Jahrshälfte darf sie weiterhin schneller laufen, damit sie nachts mehr Zeit hat, sich zu erholen.

*(Mittels vergleichbarer Methodik würgte Maui auch das Geheimnis des Feuermachens aus einem Bläßhuhn heraus, das seitdem eine rote, kahle Stelle am Kopf hat. Aber das zu erzählen würde hier etwas ausufern...)

Die Sonne hat es für heute geschafft und darf sich ausruhen - im Meer vor Turtle Bay, O'ahu.

Auf Hawai'i hat es uns etwas überrascht, dass die Sonne wirklich extrem früh untergeht - dort ist dank Äquatornähe nahezu 12 Stunden Tag und 12 Stunden Nacht. Um 18 Uhr ist es zappeduster, entsprechend wird um 17 Uhr schon eine gute Nacht gewünscht und ein Flug um 18 Uhr als Nachtflug bezeichnet. Aber gut, so waren wir zwischen 20 und 21 Uhr im Bett, das hat die Zeitverschiebung gefühlt um einiges reduziert.

Und wie sind die Nächte auf Hawai'i so? Hier ein Video mit original Ton und Bild (!!) aus unserer Unterkunft im Urwald von Pahoa, Hawai'i (Big Island):

Der größte Krawall entstammt hier keinen Vögeln, sondern kleinen, eingeschleppten Coqui-Fröschen, die auf Big Island und Maui wohl schon einige Touris in die Flucht geschlagen haben. Die quaken bis zu 100 dB(A) laut, was einer vorbeifahrenden U-Bahn entspricht. War für uns kein Problem: mich belasten Menschen im Flugzeug wesentlich mehr, daher hatten wir sehr gute Ohrstöpsel dabei. Eher nervig war, dass es auf dieser Seite der Insel nachts wie aus Eimern schüttete und die Häuser meist keine Fensterscheiben haben, sondern nur Mückennetze. Und so ab der Hälfte der Nacht war dann das gesamte Bettzeug ziemlich klamm.

Und wenns jetzt auch nicht zu Maui passt, hier noch ein Bild von unserer Unterkunft, damit man sich das vorstellen kann:

Noch mehr Basic als Dzielnica! Aber es gab Solarmodule, Regenwassertank und die leckersten Bananen der Welt.

Donnerstag, 18. März 2021

Hawai'i: Maui hebt den Himmel an

 Aloha,
willkommen zum meinem ersten Post über Hawai'i! Wir bewegen uns hier im polynesischen Raum, dessen bunte und lebensnahe Mythologie in der westlichen Welt leider weitestgehend unbekannt ist.

Die Inselgruppen Polynesiens erstrecken sich von Neuseeland bis Hawaii und nach Osten hin bis zur Osterinsel, die heute zu Chile gehört. Trotz nur müdlicher Überlieferung, der riesigen Entfernungen zwischen den Inseln und teilweise Jahrhunderten ohne Kontakte sind die Mythen vor allem im Dreieck Neuseeland, Hawai'i und Tahiti erstaunlich ähnlich. Viele der Geschichten wurden aber regional so geprägt, dass sie die Topografie des Landes oder das Aussehen von Pflanzen oder Tieren erklären. Aus Respekt vor den Gottheiten wurden sie traditionell nur tagsüber erzählt, und die Zuhörenden saßen still und möglichst bewegungslos vor der erzählenden Person.

Entstanden sind sowohl die Inselgruppe Hawai'i als auch viele andere polynesische Inseln im Rahmen des Angelausflugs eines Halbgottes, aber beginnen wir weiter vorn... Besagter Halbgott Maui machte zunächst die Erde ein ganzes Stück angenehmer und bewohnbarer für die Menschen (nicht zuletzt dank beharrlichem Genörgel seiner Mutter Hina). Er wird auch "der Listenreiche" genannt, und der berühmte hawaiianische Sänger Israel Kamakawiwo'ole bezeichnete ihn in einem Lied als den hawaiianischen Superman (wie ich finde nicht sein bestes Lied, aber in diesem Kontext interessant). Vielleicht kennt ihr Maui aus dem Disneyfilm Vaiana - dort werden tatsächlich einige seiner Heldentaten angesprochen. Nach den Geschichten, die ich bislang gelesen habe, kommt er mir vor wie eine Mischung aus Thor (körperliche Kraft und Hitzköpfigkeit, er (er)schlägt öfters mal jemanden und scheint eher grobmotorisch veranlagt zu sein) und Loki (Listigkeit, Gestaltwandeln, nach neuseeländischen Mythen hat er auch bei der Erschaffung der Menschen mitgewirkt) ...und einer großen Portion Faulheit.

Die hohen Bergkämme der Ostküste von O'ahu.

Maui verdanken wir es, dass wir die Berge so hoch aufragen sehen können wie auf dem Bild, dass die Palmen so hoch werden können und überhaupt, dass wir aufrecht gehen können, denn:


~ Maui hebt den Himmel an ~ 

Vor langer Zeit war der Himmel noch deutlich näher an der Erde. Um genau zu sein so nah, dass die Menschen sich nur wie Eidechsen kriechend fortbewegen konnten. Dieses bisschen Abstand haben uns freundlicherweise die Pflanzen geschaffen, die unvorstellbar lange gegen den Himmel wuchsen und dabei mit ihren Blättern beharrlich dagegen drückten. Daher sind übrigens auch heute noch fast alle Blätter flachgedrückt.

Maui lebte mit seiner Mutter Hina in Kauiki am Fuße des Berges Haleakalā, ganz im Osten der Insel Maui. Hina fand dieses Kriechen ziemlich unbequem, vor allem da der Boden so heiß war, dass man sich auch noch den Bauch verbrannte, wenn man zu langsam unterwegs war. Sie lag dem Faulpelz Maui in den Ohren, endlich etwas dagegen zu tun. Maui stemmte sich also mit aller Kraft gegen den Himmel - und weil er um einiges kräftiger war als die Pflanzen, gab dieser plötzlich knirschend ein kleines Stückchen weit nach. Maui konnte sich auf Knie und Hände aufrichten und versuchte, aus dieser Position weiter zu drücken. Aber wie es schien, hatten ihn die halbgöttlichen Kräfte nach dem ersten Erfolg verlassen. Er drückte und schwitzte und fluchte und betete, aber der Himmel bewegte sich nicht weiter.

Da kam eine Frau mit einem Gefäß kühlen Wassers vorbeigekrochen. Maui fragte danach, und sie reichte es ihm zur Erfischung. Maui trank einen großen Schluck und stemmte sich nochmals mit aller Kraft gegen den Himmel. Und tatsächlich, das Wasser hatte geholfen, der Himmel bewegte sich knirschend und rumpelnd ein weiteres Stück. Von der Hilfe des Wassers überzeugt, trank Maui nochmal, drückte, trank und drückte wieder... Schließlich hatte er den Himmel schon so hoch gedückt, dass die Lichtnussbäume (Kukui) darunter stehen konnten, was immerhn rund 20 Meter Höhe entspricht. Dadurch war auch der Boden nicht mehr so furchtbar warm, denn die Hitze konnte sich besser verteilen.

Inzwischen hatten natürlich die Menschen bemerkt, was vor sich ging. Sie feuerten Maui an und schlossen Wetten ab, wie hoch er den Himmel wohl noch drücken könne. Aber auch damals gab es schon missgünstige Mitbürger*innen, die sich berufen fühlten, jeglichen Innovationsprozess schlechtzureden. Und so stand am Rand der begeisterten Menschenmenge ein kleinkartoffeliger Miesepeterling, der Maui als dumm beschimpfte und statuierte, dass man an den niedrigen Himmel immerhin gewöhnt gewesen sei. Außerdem habe zumindest nicht die Gefahr bestanden, dass er den Menschen auf den Kopf fiele. Maui kümmerte sich aber nicht um ihn, sondern sammelte nochmal alle Kräfte zusammen, rannte den Berg Haleakalā hinauf und sprang mit Schwung so stark er konnte gegen den Himmel (quasi wie Super Mario, der gegen eine Kiste hüpft).

Krater auf dem Haleakalā - oder vielleicht Fußspuren von Mauis letztem Spung?

Der Himmel gab ein letztes mal nach und bewegte sich ein gewaltiges Stück nach oben an seine heutige Position. Als Maui zufrieden und von den Menschen gebauchpinselt nach Hause ging, begegnete er wieder dem Miesepeterling. Maui ist zwar ein Held und tat den Menschen viel Gutes, aber er war eben auch ein Hitzkopf. Die Beleidigung ließ er dann doch nicht auf sich sitzen. Der Miesepeterling konnte zwar noch quer über die Insel fliehen, wurde aber etwas nördlich von Lahaina von Maui erschlagen. Maui verfluchte den Toten, und dieser verwandelte sich in einen großen schwarzen Stein, der noch heute dort zu finden ist (und an dem oft Feiern zu Ehren von Maui stattfinden).

Was lernen wir daraus?

  • immer genug trinken
  • nicht durch brummelige Besserwisserabernixtuer von einer guten Idee abbringen lassen
  • Halbgötter nicht beleidigen
Kann man nicht meckern: Himmel hochdrücken war unterm Strich eine gute Idee,
und runtergefallen ist er bis heute auch noch nicht.

...in den nächsten Beiträgen wird noch erzählt, wie Maui die Sonne fängt (und verprügelt), Inseln angelt und den Menschen das Feuer bringt. Außerdem muss ich natürlich von Pele erzählen, der Vulkangöttin und wie sie Hawai'i bis heute prägt.

Abgesehen von der Mythologie geht's dann noch ein bisschen um Flora & Fauna, die Geschichte Hawai'is und das Aloha-Mindset, das diese Reise zu der absout tiefenentspanntesten Zeit machte, die wir bislang hatten. Stay tuned, und mahalo fürs Lesen bis hierher!

Literaturtipps:
Manfred Miethe - Maui errichtet das Himmelsgewölbe (deutsch, angenehm zu lesender Einstieg und Geschichten von Maui und Pele)
W.D. Westervelt - Legends of Maui (englisch, bietet einen guten Überblickt zwischen den Versionen der Legenden über Maui in verschiedenen Regionen)
Martha Beckwith -  Hawaiian Mythology (englisch, das erschlagende Werk für alle, die wirklich eine umfassende Sammlung mit viel Theorie drum herum haben möchten)