Hallo ihr Lieben,
Ich hab also die Hochzeit inklusive katholischem Gottesdienst auf Polnisch, extra angereist in ein polnisches Kaff, überlebt. Und war tatsächlich die einzige Person, die (halbwegs getarnt weil ganz hinten) beim Gottesdienst nicht zu den Gebeten aufgestanden ist, sondern nur, wenn das Brautpaar rein und raus ist. Eben weil ich finde dass Glaube etwas zu ernstes ist um "zu tun als ob".
Respekt für euren Glauben zeigen bedeutet nicht, dass man blind irgendwas mitmacht, sondern dass man eure Rituale für mehr als leere Hüllen hält und darum das ganze lieber als Gast von außen betrachtet statt "katholisch sein" zu spielen. Es spricht ja auch nichts dagegen, die betreffenden Personen dann einfach zur anschließenden Feier, dem Kuchenessen oder sonstwas dabei zu haben, wenn der rituelle Rahmen abgeschlossen ist.
angeregt von diandras aktuellem Beitrag zu interspiritueller Toleranz
(bezogen auf den Ramadan) fühle ich mich genötigt, nun auch meine
Erfahrungen vom letzten Wochenende mit der katholischen Hochzeit des
Bruders von Freund zu verarbeiten (und klaue mir mal ganz unauffällig
die Überschrift, ich hoff das ist ok).
Ich hab also die Hochzeit inklusive katholischem Gottesdienst auf Polnisch, extra angereist in ein polnisches Kaff, überlebt. Und war tatsächlich die einzige Person, die (halbwegs getarnt weil ganz hinten) beim Gottesdienst nicht zu den Gebeten aufgestanden ist, sondern nur, wenn das Brautpaar rein und raus ist. Eben weil ich finde dass Glaube etwas zu ernstes ist um "zu tun als ob".
Etwa 20 weitere nichtkatholische, deutsche Gäste waren dabei,
machten allerdings bis auf die Kommunion alles mit, babbelten z.T. sogar
grinsend ein "Blablabla Amen" mit, weil sie das polnische Gebet nicht
verstanden haben. Auf dem Hochzeitsvideo wirds nun allerdings so
aussehen, als wenn ich auf Widerstand und Trotz mache während alle
anderen respektvoll mitmachen. "Schadet doch nicht wenn man mal fürs
Brautpaar mitbetet" und so weiter... Noch ist das Video nicht fertig und
ich hab Hoffnung, dass der Teil rausgeschnitten wird. Ansonsten wird
mich die Familie meines Freundes halt hassen und ich kann nicht mehr als
mich für meine (unfreiwillige) Anwesenheit entschuldigen.
Und nebenbei, falls ich mal nordisch-germanisch, muslimisch, sikh, samoanisch, unter dem Schutz der nudeligen Anhängsel des fliegenden
Spaghettimonsters oder sonstwie heirate würd ich meine Gästen ja auch
niemals nötigen, irgendwelche Zeremonien oder Gottesdienste aktiv mitmachen zu
müssen. Auch nicht passiv, wenn sie das nicht möchten - beispielsweise hätte ich mich auch gern von der katholischen Kirche ferngehalten, da sie leider zu mehreren zentralen Aspekten meiner Person eine sehr feindliche Meinung vertritt und verbreitet. Würde aber gern sehen, was die Leute, die wollen dass ich an
ihrer Hochzeit in die Kirche gehe und in ihrem Glauben mitbete, dazu
sagen würden wenn ich sie einlade und erwarte dass sie nun ebenfalls
ein Kornopfer an Freya darbringen, eine Pastazeremonie mit
Pastafari-Glaubensbekenntnis mitmachen oder zu Allah beten sollen bzw.
zumindest freundlicherweise so tun würden als ob. Schadet doch nicht.
Was mich an der Sache am meisten stört ist glaube ich, dass die
Anhängenden der betreffenden Religionen ihre Bräuche und Rituale dadurch
sinnentleeren, dass Religionsfremde "einfach mal mitmachen" sollen.
Bestes Beispiel dazu ist ja auch die Taufe. Eigentlich ist die Taufe die
Aufnahme in die religiöse Gemeinschaft, eigentlich ist die Taufpatenschaft das Versprechen, für die religiöse Entwicklung der getauften Person zu sorgen. Nun soll demnächst auch grade Freund, der ja nun wirklich das absolut schlechteste religiöse Beispiel in
seiner gesamten Familie abgibt, Taufpate werden, und natürlich wird
einfach absolut jede Person im Bekanntenkreis dazu eingeladen, egal ob katholisch oder
nicht (Nachtrag: ich übrigens auch wieder, war diesmal aber entnervt genug, wirklich abzusagen).
Liebe Katholik*innen (und Anhängende weiterer Mainstreamreligionen), es ist vollkommen in Ordnung, wenn ihr kirchlich heiratet, kommuniert,
tauft, sonstwas. Aber bitte bleibt damit doch innerhalb eurer religiösen
Gemeinschaft, so wie es ursprünglich gedacht war! Wenn ihr dem Glauben
tatsächlich angehört, dann macht euch bewusst welche Bräuche und Rituale
ihr warum durchführt und was sie bedeuten! Dann werdet ihr auch sehen,
warum Angehörige anderer Glaubensrichtungen (inklusive Atheismus)
einfach nix in euren Gottesdiensten verloren haben (außer vielleicht beobachtend, wenn sie das denn von sich aus möchten) und dass es nicht
gegen euch persönlich gerichtet ist, wenn Anders- oder Nichtgläubige bei eurer Hochzeit
kein Vater Unser mitbeten.
Respekt für euren Glauben zeigen bedeutet nicht, dass man blind irgendwas mitmacht, sondern dass man eure Rituale für mehr als leere Hüllen hält und darum das ganze lieber als Gast von außen betrachtet statt "katholisch sein" zu spielen. Es spricht ja auch nichts dagegen, die betreffenden Personen dann einfach zur anschließenden Feier, dem Kuchenessen oder sonstwas dabei zu haben, wenn der rituelle Rahmen abgeschlossen ist.
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