Dienstag, 19. August 2014

Die angeblich so schöne Bonifatiusroute...

Hallo ihr lieben!

(Kurze Vorbemerkung: leider wurden die gehosteten Bilder inzwischen gelöscht und ich hab wohl bis auf eins auch alle entrümpelt... Es tut mir leid. Da der Bericht aber eigentlich ganz lustig ist, lasse ich ihn drin.)


Ab und zu wandere ich gern alleine und weit. Hier ein kleiner Rückblick auf das erste Stück der Bonifatiuspilgerroute von Mainz bis Kriftel, das ich im Juni 2013 gelaufen bin... Um es vorweg zu nehmen: den Rest lauf ich nimmer.

Der Bischof Bonifatius, nach dem die Route benannt wurde, hat im 8. Jahrhundert in Fritzlar einen Baum gefällt (bzw. ließ ihn fällen) und gilt deswegen als der Apostel Deutschlands. Nunja, es war die Thor/Donar geweihte Donareiche, und mit der Fällung wurde Fritzlar der Ausgangspunkt der Christianisierung des heutigen Nord- und Mitteldeutschlands. Fritzlar ist aber dennoch eine sehr niedliche Stadt. Als sein Gott den Bonifatius dann jedenfalls irgendwann zu sich holte, marschierte man mit seinem Leichnam etwas über 170 km von Mainz nach Fulda. Die Bonifatiusroute wurde 2004 angelegt und beschreibt (grob) diesen Leichenzug.

Nachdem der kurze St. Jost Pilgerweg ja eine sehr schöne Erfahrung war (heidenchaos berichtete), hielt ich Pilgerrouten für eine gute Idee, längere und gut ausgeschilderte Routen zu finden. Nach wem die nun benannt wurden, ist mir relativ wurst, daher fiel meine persönliche Diskrepanz mit Herrn Bonifatius bezüglich Vandalismus an der Fritzlar'schen Vegetation bei der Entscheidung nicht so ins Gewicht. Die Route wird als "eine der schönsten Pilgerrouten Deutschlands" angepriesen und der Rhein-Main-Verkehrsbund gab dazu eine kostenlose und sehr ausführliche Karte heraus. Also Rucksack geschnappt und nix wie los! 

Um 9:20 komme ich am Mainzer Dom an, um den herum gerade ein Volksfest aufgebaut wird. Ich glaube, eine Statue des baumfällenden Heiligen hinter einem Waffelstand zu erspähen, habe aber keine Lust über Verkabelungen und Anhängerkupplungen zu klettern, sondern laufe einfach mal in die Richtung los, die meine Karte angibt. Eine halbe Stunde und 2 km später habe ich schon den Rhein überquert und blicke auf Mainz zurück. Endlich wird es etwas ruhiger, zwischen ein paar morgendlichen Angelnden entdecke ich auch endlich das erste Wegzeichen.
Nochmal 2 km später komme ich an die Stelle, wo der Main in den Rhein fließt. Das realisiere ich allerdings nicht so ganz, da ich eine total schöne kleine grüne Feder am Ufer finde und die erstmal meine gesamte Aufmerksamkeit beansprucht... Ein paar Hundert Meter weiter werde ich durch richtig üblen Gestank wieder zurück in die Realität gerissen. Da hat man die Pilgerroute tatsächlich direkt an einer Papierfabrik vorbeigeführt, die fast einen Kilometer lang wirklich ganz, ganz übelerregend ekelhaft stinkt. Ums noch schöner zu machen, ist "eine der schönsten Pilgerrouten Deutschlands" rechts und links mit Betonmauern zugebaut.

Nach 7 km und um 11:15 komme ich in Hochheim an, hier beginnen Weinberge und die Stadt sieht auch sehr hübsch aus.



 
Leider hält sich die Ausschilderung des Weges in Grenzen, so dass ich versehentlich nen Kilometer zu weit latsche. Aber wenigstens ist der Geruch endlich weg und die Wanderung durch die Weinberge wird nun doch recht schön, nach ein paar km aber doch etwas eintönig. Bei Streckenkilometer 12 bemerke ich außerdem schon, dass mir die Knie wehtun - kein Wunder, da man hier hauptsächlich auf Asphalt pilgert, was auf Dauer echt unangenehm ist!

Um 13:30 nach ungefähr 14,5 km entdecke ich bei Wicker hinter einer Kriegergedächtniskapelle ein kleines Steinlabyrinth. Eine kleine Kiste bietet laminierte Sprüche an, über die man meditieren kann, während man das Labyrinth abläuft. Motiviert vom Spruch "Wer für Umwege keine Zeit hat, irrt leicht am Ziel vorbei, ohne es zu erkennen." beschließe ich also, einen Abstecher durch das Labyrinth zu machen und denke über etwas nach, was mich den Tag über besonders beschäftigt hat. 15 Minuten und eine Minierleuchtung später mach ich mich wieder auf den Weg.

Das nächste Duft-Highlight auf der Strecke ist eine schwefelige Heilwasserquelle im treffend bezeichneten Örtchen Faulborn - das Wasser sieht klar aus, stinkt aber bestialisch und schmeckt nach Rührei  (man muss hierzu wissen, dass das Jynkx irgendwie Geruch und Geschmack von gebratenen Eiern gar nicht ab kann davon und tatsächich Übelkeit bekommt). Tragischerweise erfrische ich meine Füße kurz darin und trage den Geruch noch eine Stunde später (!!) mit mir herum. Dafür fängt es an zu regnen und der Weg endet bei Kilometer 20,5 vor der Einfahrt einer... ja ich weiß gar nicht, einer riesigen Grube, in der lautstark offenbar Kies abgebaut wird oder so. Definitiv heute nicht mein Pilgertag...

Nach einigem Herumirren finde ich schließlich einen Weg um diese Grube herum und sogar ein kleiner Aussichtsturm über ein Naturschutzgebiet, in dem ich mich kurz unterstellen kann und doch noch ein bissel schöne Natur sehen kann. Danach folgen rund 6 km relativ trostloser Strecke über Asphaltwege, bis ich endlich nach 27 km insgesamt und um 17 Uhr in Kriftel am Bahnhof ankomme. Eigentlich wollte ich noch ein Stück weiter nach Eschborn, aber dank dem harten Untergrund machen meine Knie echt nicht mehr mit und ich entscheide, nach Hause zu fahren.

Mein Gesamteindruck:
Insgesamt war die Bonifatiusroute auf der ersten Etappe bis auf wenige Ausnahmen landschaftlich entweder relativ langweilig oder eine Zumutung. Der Asphalt führte dazu, dass ich trotz guter Sandalen schnell ermüdete Knie hatte (ok, die sind nicht die besten, aber ich hab Vergleiche zu deutlich längeren Strecken).

Ich weiß nicht, was die ~140 km von Kriftel nach Fulda noch rausreißen sollen, um die Bezeichnung "eine der schönsten..." für die Bonifationsroute zu verdienen, aber ich werd es sicherlich nicht ausprobieren - da gibt es im Taunus, Odenwald oder am Rhein echt schönere Ecken.

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