Samstag, 5. September 2015

Island: Fosse überall!

Aloha,

während wir letzets Jahr in Irland ja Steine in allen möglichen Formen angesehen haben (in Kreisen oder einzeln aufgestellt, übereinandergelegt, zu einem Castle zusammengesetzt...), war es in Island hauptsächlich Wasser verschiedener Formen und Temperaturen. Gletscherbäche, Eis, Hotpots, der mächtige Ozean unter uns beim Whalewatching, Geysire und Dampfwolken...

Absolut omnipräsent waren allerdings die Wasserfälle (auf Isländisch: Foss). Daher wird auch dieser Blogeintrag etwas lang, aber ich hoffe, die Fotos machen ihn trotzdem spannend für euch.

Wenn man durch etwas bergigere Gegenden fährt, fällt praktisch alle paar hundert Meter ein Foss hinab, der in Deutschland schon das touristische Highlight einer Urlaubsregion hätte sein können - in Island fällt er gar nicht mehr auf. Hier ein paar beispielhafte Fosse, an denen wir vorbeikamen und die ich aus dem Auto fotografiert habe (letzteren übrigens gegen 1 Uhr nachts, es lebe die Mitternachtssonne!):

Diverse Fosse...
Den Öxaráfoss, einen etwas größeren Foss, den wir gleich am ersten Tag in Thingvellir gesehen haben, hab ich ja in einem vergangenen Beitrag schon gezeigt.

Der epische Goðafoss
So richtig geflasht waren wir aber, als wir am ersten "großen" Foss ankamen -  dem Goðafoss, der dann auch direkt mein Lieblingsfoss blieb! Diesen Effekt hatten wir übrigens recht oft in Island. Man sieht auf einmal eine so unglaublich schöne Landschaft, dass man erstmal nur total ungläubig und verdutzt dasteht und das gar nicht so richtig fassen kann...

Goðafoss von der Parkplatzseite aus...
Die Fallhöhe des Goðafoss beträgt zwar nur 12 Meter, dafür fällt er über eine lange, halbkreisförmige Kante in mehreren Teilen. Man kann gut von beiden Seiten des Flusses herangehen.
 
...und nachdem nan den Skjálfandafljót unterhalb des Foss überquert hat.
Weg zum Goðafoss.
Etwas blöd sind allerdings die Unmengen an Mücken. Die sind auch in anderen Regionen mit viel Wasser zemlich penetrant, zum Beispiel bei Mývatn ("Mückenwasser", ja, können wir bestätigen). Zwar stechen diese Mücken nicht, aber sie fliegen einem mit einer derartigen Entschlossenheit genau in Augen, Nase, Ohren und Mund, dass man sich schon ziemlich tief in einen Schal wickeln muss, wenn man nicht permanent um sich schlagen möchte.

Seinen Namen erhielt der Foss durch eine Sage über den Goden Þorgeir. Um das Jahr 1000 beschloss er, zum Christentum zu konvertieren. Nach dem typisch isländischen Ansatz "wenn, dann richtig" schmiss er kurzerhand seine Statuen der alten Götter in den Wasserfall, der daraufhin "Wasserfall der Götter" (Goðafoss) hieß. Wenigstens starben die Statuen ziemlich episch, und noch 1000 Jahre später erinnert man sich deswegen an sie...
Dettifoss und die Schlucht Jökulsárgljúfur
Der Weg zu einem weiteren beeindruckenden Foss war eine ziemliche Geduldsprobe. Freund ist ja ein treudoofer Anhänger von Navis, und der Dettifoss ist eine recht beliebte Touriattraktion. Daher dachten wir uns nix Böses, als wir eben statt dem "Dettifossvegur" den "Hólsfjallavegur" nahmen, den das Navi uns vorschlug. Allerdings gelangten wir auf eine Wellblechschotterpiste, was die Wirbelsäule angenehm durchrüttelte.
 
26 km und rund anderthalb Stunden später (man hofft ja immer es wird gleich besser bis es sich schließlich auch nicht mehr lohnt umzudrehen und zurückzufahren) waren wir laut Navi da - um uns herum aber seit Ewigkeiten nur eine absolute Mondlandschaft (im Hintergrund des Bildes seht ihr übrigens die total unschuldig aussehende Schotterpiste). Hier hat tatsächlich die Nasa Tests und Schulungen für die erste Mondlandung durchgeführt...

Furztrockene Mondlandschaft.
Hier sollte der leistungsstärkste Wasserfall Europas sein?? Wir fanden einen Parkplatz, hinter dem es etwas bergab ging. Und tatsächlich: links sah man den Foss. Und rechts die malerische Schlucht Jökulsárgljúfur inmitten der kilometerweiten Mondlandschaft:
Jökulsárgljúfur - hier ein Haus hinbauen und einfach den ganzen Tag aus dem Fenster schauen...
Der Dettifoss ("Stürzender Wasserfall") verblasste dagegen ein bisschen, aber da dieser Blogeintrag ja um Fosse geht, gibt es trotzdem noch ein Bild. Die Wassermassen des Flusses Jökulsá á Fjöllum, der aus dem riesigen Gletscher Vatnajökull gespeist wird, sind je nach Jahreszeit beträchtlich - sieht man ja auch daran, wie mächtig die breite Schlucht ins Gestein gegraben wurde.

Dettifoss von einem ungünstigen Winkel aus...
Beim Foss stellten wir dann auch fest, dass wir offenbar auf der falschen Seite waren - gegenüber waren Aussichtsplattformen und Fahnenmasten installiert, und von dort aus ist wohl auch der Blickwinkel sinnvoller - sorum sah es nicht unbedingt nach einer 100 Meter langen Fallkante aus... Egal. Von drüben hätten wir die Schlucht nicht so toll sehen können! Danach fuhren wir übrigens noch knapp 30 km weiter Wellblechschotterpiste, bis wir endlich wieder auf die asphaltierte Rundstraße 1 gelangten...
Basaltsäulen am Hengifoss
Der Besuch des Dettifoss war ja (gemeinsam mit Whalewatching und Ásbyrgi) genau an dem Tag, an dem ich kurzzeitig mit Fieber ziemlich ausgeknockt war (anscheinend von der Therme am Mývatn). Am nächsten Tag schonten wir uns also etwas, fuhren an der Küste entlang und machten eine kleine Wanderung zum Hengifoss, der in zwei Stufen durch sehr eindrucksvolle Basaltsäulen fällt. Ganz oben links im Bild seht ihr noch die obere Stufe.
 
Island ist übrigens echt nix für Leute mit kaputten Knien. Die skandinavischen Touris waren aber ziemlich hart drauf! Die latschen im Nieselregen vier Stunden auf rutschigen Lehmwegen über nen nach Schwefel stinkenden Berg, mit einem permanent schreienden Kleinkind vor den Bauch gebunden. Und nennen das "Urlaub".

Zweistufiger Hengifoss.

Klischeefoss Skógafoss.
Skógafoss - der absolute Klischeefoss
Der Skógafoss (Waldwasserfall, aber wohl eher benannt nach dem Fluss Skóga, da weit und breit kein Wald zu sehen ist) sieht ziemlich genau so aus, wie ich mir Wasserfälle in Märchen und Sagen spontan vorstelle. Und auch die Sage zu diesem Foss ist absolut klischeehaft: Der Siedler Þrasi Þórólfsson versteckte dahinter eine Truhe voll Gold. Irgendwann wurde sie von einem Jungen gefunden - aber als er den Griffring in der Hand hatte, verschwand der Rest der Truhe.
 
Neben anderen irgendwie typisch isländischen Dingen wie gestrickten Kondomen oder einer Kuhblase zur Wettervorhersage kann man diesen Ring im Heimatmuseum des nahegelegenen Dorfes Skógar begutachten.
Esoterische Stimmung am Seljalandsfoss
Dieser Foss ist recht beliebt, weil man hinter ihm hindurch gehen kann. Wir haben es versucht, kamen aber nicht weit - die Luftfeuchtigkeit ist derart extrem, dass ich einfach Angst um die Kamera hatte.
 
Viel interessanter fand ich aber auch den etwas verschrobenen Kerl, der im Nieselregen vor dem Foss saß und auf einer total zerrupften und aufgeweichten Holzgitarre schräge Töne produzierte, indem er einzelne Saiten anzupfte und irgendwie einen Verstärker an das Ding angeschlossen hatte. Dabei wiegte er sich hin und her und war anscheinend völlig in seiner "Musik" gefangen (hörte sich übrigens nicht schlecht an - nur eben extrem merkwürdig). Etwas später kamen wir ins Gespräch, als ich ein paar Kronen in das Trinkgeldglas warf. Er heißt Smári (Klee) und ist wohl der am glücklichsten aussehendste Mensch, der mir je begegnet ist...

Merkwürdige Töne im Nieselregen.
Gullfoss, der angeblich schönste...
Der letzte "spziellere" Foss, den wir uns angesehen haben, war der Gullfoss. Er liegt mit anderen beliebten Sehenswürdigkeiten wie Thingvellir oder dem Strokkur-Geysir auf dem "Golden Circle", wieder relativ nah an der Hauptstadt Reykjavik. Er wird oft als der schönste Foss bezeichnet, was jetzt nicht unbedingt unserer Ansicht entspricht (ich bleibe treuer Fan des Goðafoss! Zumindest solange ich den Gullfoss nicht im eingefrorenen Zustand im Winter erleben durfte...). Woher der Name "Goldener Wasserfall" stammt, ist unklar - vielleicht, weil der Gullfoss im Licht der untergehenden Sonne golden leuchtet, vielleicht hat auch irgendjemand irgendwann mal wieder Gold hineingeworfen...
Das ist jetzt auch wirklich der letzte Foss, versprochen!
Um den Gullfoss herum war es leider ebenfalls unglaublich nass, viel weiter als auf dem Bild kam man nicht heran, ohne Spritzwasser auf dem Kameraobjektiv zu haben... Es sieht aber interessant aus, wie der Fluss nach der zweiten Fallstufe, also hinter der Wiese im Vordergrund abrupt die Richtung wechselt und scharf nach links (bzw. auf dem Bild rechts) weiterfließt.

Dass der Gullfoss in dieser Form noch besteht, ist übrigens einer ziemlich hartnäckigen Isländerin namens Sigríður Tómasdóttir zu verdanken. Um 1920 hatte eine englische Gesellschaft den Foss gepachtet und wollte dort ein Kraftwerk errichten. Sigríður war in der Nähe aufgewachsen und wollte das nicht dulden - über Jahre verschrieb sie sich dem Kampf gegen dieses Bauprojekt und fing einen Rechtsstreit an, für den sie regelmäßig tagelang und ohne Rücksicht auf die Jahreszeit durch die isländische Wildnis marschierte, um in der Stadt zum Rechtsanwalt Sveinn Björnsson zu gelangen (der übrigens später Präsident von Island wurde). Gemeinsam schafften sie es schließlich, dass der Pachtvertrag aufgelöst werden konnte und der Gullfoss wieder an den isländischen Staat zurückging. Da in Island die Natur und die darin ebenden Elfen einen sehr hohen Stellenwert haben, steht er auch seit geraumer Zeit unter Naturschutz. An Sigríður erinnert ein Gedenkrelief mit Infotafel gegenüber des Gullfoss.


So, das waren die Fosse... Falls jemand bis hierher durchgehalten hat, freue ich mich!
Um nicht gleich wieder so viel Wasser sehen zu müssen, geht es beim nächsten Beitrag dann mal um Krater. Wobei die auch wieder mit Wasser gefüllt sind... Mist...

2 Kommentare:

  1. Ja, ich habe das "durchgehalten" und fand diesen Post auch sehr schön :-)
    Ich weiß nicht wieso, aber ich wollte als ich kleiner war schon öfter nach Island und beim Anblick deiner Bilder wiederholt sich dieser Wunsch! Nur die ganzen Namen sind so schwer, ich kann keinen einzigen richtig aussprechen, glaube ich :D
    Vielleicht komme ich ja irgendwann auch noch dahin, aber leider nicht in der nächsten Zeit bzw nicht noch im nächsten Jahr... :-(

    Liebste Grüße,
    Alexandra von growing-in-self-confidence.blogspot.de

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    1. Ja, die Namen sind wirklich gewöhnungsbedürftig - zumal sie auch immer noch komplett anders ausgesprochen werden als es da steht. Eine unserer Gastgeberinnen hat versucht, Freund die Aussprache des Dorfes Egilsstaðir beizubringen. Klang etwa so: "Äijls-stath-irrr" "Jällsstadir?" "ÄIJLS-stathirr!" "Ällsstadir!" "..sta-TH-irr" "...thirr"...
      Aber die Isländer sind unglaublich nett und lustig und können eigentlich ausnahmslos sehr gut englisch (weil für 330.000 Isländer Filme, Bücher etc. nicht extra übersetzt werden). Auch wenns teuer ist, ich kann Island nur empfehlen - Freund und ich wollen auf jeden Fall noch mehrmals hin!

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